Innr gehört zu dem ersten Hersteller, der smarte ZigBee- und WiFi Leuchtmittel miteinander kombiniert hat. Auch der zuletzt auf den Markt gekommene Innr Smart Button und die Globe Light Colour Kugelleuchten zeigen die innovationsfreude vom niederländischen Unternehmen.
Doch wie sieht Innr Entwicklungsleiter Gerry Vermeulen die aktuelle Marktlage und wie weit können die Innr Produkte vom neuen Matter-Standard profitieren?
Wir haben daher mal das Gespräch gesucht und Gerry Vermeulen über die technischen Herausforderungen der vergangenen Jahre, über Qualitätsunterschiede zu Philips Hue und einen Ausblick befragt.
Frage: Gerry, Sie sind als Entwicklungsleiter und als ‚Mann der ersten Stunde’ bei Innr tätig somit maßgeblich an der Konzeption aller neuen Produkte beteiligt. Was waren aus technologischer Sicht die Highlights der letzten Jahre?
Über eine Zeitspanne von Jahren gäbe es diverse Highlights zur Auswahl. Aus rein technologischer Sicht fallen mir vor allem zwei Bereiche ein.
Einer davon ist die Entwicklung und Einführung unseres neuen Steuerungs-Systems 2021. Wir begannen mit WiFi-Lampen und einer App und erweiterten es dann mit einer neuen Zigbee-Bridge zu einem Hybridsystem, das WiFi- und Zigbee-Geräte nahtlos von einer einzigen App aus steuert.
Als Verfechter der Interoperabilität durch die Verwendung von Standards haben wir uns dafür entschieden, dass Leuchten und Smart Plugs anderer Hersteller nahezu ohne Einschränkungen in unserem System verwendet werden können.
2021 haben wir das System um zwei Fernbedienungen erweitert, die in der App konfiguriert werden können, um verschiedene Szenen in einem Raum zu aktivieren. Gleichzeitig können diese Fernbedienungen effektiv in jedem anderen Zigbee-System von Drittanbietern verwendet werden, indem die Zigbee TouchLink-Funktionalität genutzt wird.
Frage: Und das zweite Highlight ist?
Die zweite technologische Herausforderung ist die Entwicklung und Erweiterung unseres Leuchtensortiments inklusive der Outdoor-Produkte. Mit unserer eigenen Zigbee-Steuerbox, die auf unserem eigenen Zigbee-Modul mit unserer selbst entwickelten Firmware basiert, handelt es sich um Produkte, für die wir den Großteil der Entwicklung selbst in Zusammenarbeit mit unseren Partnern für die Herstellung durchgeführt haben.
Mechanisches Design, elektrisches & elektronisches Design, Datensicherheit, Optik, Usability, Einhaltung und Zertifizierung von Normen und Vorschriften, Software-Engineering, Farbmischungsalgorithmen, Testdisziplinen und Ausfallsicherheit vereinen sich in abgerundeten Produkten wie unsere Outdoor-Globes für den Außenbereich LED-Flexstreifen, Innen-Leuchtketten, Deckenlampen, Puck-Leuchten, Einbaustrahler, Außenstrahler und Außensockel.
Da für Innr die Langlebigkeit der Produkte im Vordergrund steht, galt es die Vielseitigkeit der Produktvarianten möglichst einfach und intuitiv bedienbar zu machen und gleichzeitig eine maximale Zuverlässigkeit zu garantieren.
Es war zugegebenermaßen nicht einfach das alles unter einen Hut zu bekommen.
Frage: Was war im Rückblick technologisch besonders herausfordernd?
Eine der Herausforderungen war die Firmware unserer Leuchten. Als Teil davon war es eine Hauptaufgabe, einen Farbmischalgorithmus zu entwickeln, der genaue Farben für eine Vielzahl von Produkten mit einer Vielzahl von LEDs in einer Fülle von Konfigurationen erzeugt und gleichzeitig die Lumenleistung optimiert. Darüber hinaus weist die Zigbee Cluster Library (ZCL)-Software, die von Chipsatzanbietern in SDKs und Anwendungshinweisen bereitgestellt wird, viele Mängel auf, selbst wenn es sich bei der Plattform um eine Zigbee-zertifizierte Plattform handelt.
Das liegt zum Teil daran, dass die Zigbee-Spezifikationen, so detailliert sie auch sind, stets viel Raum für Interpretationen oder Entscheidungen des Herstellers lassen. Wir glauben, dass unsere ZCL-Implementierung für Beleuchtung aus funktionaler Sicht durch kontinuierliche Verbesserung im Laufe der Jahre inzwischen eine der besten auf dem Markt ist.
Zwei weitere große technische Herausforderungen, weniger wegen der Komplexität, sondern wegen des schieren Arbeitsaufwands, waren die im September letzten Jahres in Kraft tretende neue ErP-Verordnung mit der neuen europäischen Produktdatenbank EPREL und der Chipmangel, der uns zum Umzug veranlasste große Teile unseres Produktportfolios auf einen neuen Chipsatz zu wechseln.
Frage: Kritik an Innr gab es bei der ersten Bridge und der früheren App. Hier konnte die Marke zuletzt nicht punkten. Warum kam das Nachfolgemodell erst 2021?
Das Problem war nicht so sehr die v1-Bridge-Hardwareplattform (obwohl sie zu teuer war) oder die App (obwohl sie unter einem veralteten Design litt).
Der Hauptgrund, warum es lange gedauert hat, die Nachfolger einzuführen, war, dass wir den besten Cloud-Anbieter finden mussten, der die von uns benötigte Funktionalität und Zuverlässigkeit liefern konnte. Die Bridge und die App sind sehr eng mit der Cloud-Plattform verbunden, und die Auswahlmöglichkeiten waren und sind begrenzt.
Auch hier stehen die Investitionssicherheit und Handhabung im Alltag aus Kundensicht für Innr im Vordergrund.
Frage: Wie viel Entwicklungs-Know-how steckt in Innr-Produkten?
Es ist eine Menge Entwicklungs-Know-how erforderlich, um erfolgreiche intelligente Beleuchtungsprodukte zu entwickeln. In meiner Antwort auf die erste Frage oben habe ich eine Reihe von Disziplinen aufgelistet, die dabei eine Rolle spielen.
Wissen und Erfahrung in all diesen Disziplinen sind erforderlich, um Produkte zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Nutzer erfüllen und sicher, langlebig, energieeffizient sowie einfach zu installieren und zu verwenden sind.
Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht einfach einen Standard wie Zigbee zu implementieren. Die Praxis zeigt jedoch etwas anderes. Als Qualitätshersteller achten wir sehr auf technologische Fallstricke und Sackgassen, mit denen User später konfrontiert werden könnten. Anderen Anbietern geht es primär um eine Preisoptimierung bei der Hardware. Solche Vermarktungsansätze lehnt Innr ab.
Frage: Wie groß ist der rein qualitative Unterschied zum Weltmarktführer Philips Hue?
Es lässt sich nicht leugnen, dass Philips Hue Weltmarktführer für intelligente Beleuchtung ist und ihre Produkte in jeder Hinsicht von hoher Qualität sind.
Das bedeutet natürlich auch einen höheren Preis als die meisten anderen Marken für smarte Beleuchtung. Innr fokussiert hochwertige Produkte zu einem erschwinglichen Preis.
In vielen Aspekten denke ich, dass die Qualität der meisten unserer Produkte heute mit der von Hue vergleichbar ist, beispielsweise in Bezug auf die optische Leistung (Farbwiedergabe, Lumenleistung usw.), die Produkt- und LED-Lebensdauer (Lumen Maintenance Factor) und die Einhaltung von Vorschriften und Normen.
Selten reduzieren wir ein wenig den Materialeinsatz oder bei der Verarbeitung von Produkten, um einen günstigen Marktpreis zu erzielen, doch wir achten stets darauf, dass dies die ordnungsgemäße Alltagstauglichkeit nie beeinträchtigt oder die Haltbarkeit des Produkts verringert.
Frage: Was sind die größten technischen Unterschiede zum Marktführer?
Die wichtigsten technischen Unterschiede liegen in der Einhaltung von Standards.
Hue scheint sich darauf zu konzentrieren, nicht standardmäßige Funktionen wie Hue Entertainment und Hue Sync hinzuzufügen, die ausschließlich mit Hue-Geräten funktionieren.
Unsere Leuchtmittel unterstützen allesamt die Zigbee-Methode, jedoch das Hue-System verwendet sie nicht durchgängig. Innr’s Fokus liegt vielmehr darauf, sicherzustellen, dass wir die in den Standards definierten Funktionen so gut wie möglich abdecken, in all unseren Produkten, von der Beleuchtung über Smart Plugs bis hin zu den Fernbedienungen und der Bridge.
In gewisser Weise ist Innr also Zigbee-kompatibler als Philips Hue.
Frage: Sind technische Gründe hauptausschlaggebend, warum sich Innr-Produkte als beliebte Alternative zu Hue auf dem Markt etablieren konnten?
Ich glaube, es gibt mehrere Gründe, warum Innr-Produkte als Hue-Alternativen erfolgreich sind. Ich habe den Preis bereits erwähnt, aber es gibt auch Produkte in unserem Portfolio, die andere Hersteller von smartem Licht nicht anbieten. Und oft gefällt Usern unsere Version eines Produkts mehr als jene anderer Hersteller. Hier zahlt sich unser eigener Weg aus Know-how aus Marktforschung, Produktdesign und Entwicklung aus.
Denken wir an den dezenten Smart Plug, unsere frühzeitige Markteinführung von Filament-Leuchten oder die Light Strips mit einer vergleichsweise eng aneinander liegenden Anordnung von LED sind es durchaus auch technologische Aspekte, die für Innr sprechen.
Frage: Wo sehen Sie Entwicklungspotenzial? Wie wird sich der Smart-Lighting-Markt in den nächsten zwei Jahren entwickeln?
Wir glauben, dass der Markt für intelligente Beleuchtung weiter enorm wachsen und mehr Beleuchtungslösungen und Steuerungsmöglichkeiten umfassen wird. Wir werden Verbrauchern weiterhin standardkonforme, benutzerfreundliche intelligente Beleuchtungslösungen und ein System zu einem erschwinglichen Preis anbieten.
Eine Orientierung in punkto Preisleistung wird sich auch in Zukunft am Markt nicht verändern.
Daher wird Innr das Portfolio um neue Leuchten und eine Vielzahl von Sensoren erweitern, um Benutzern noch mehr Komfort zu bieten. Unser System und unsere App werden sich mit neuen Funktionen, neuen Integrationen mit anderen Ökosystemen, verbesserter Benutzerfreundlichkeit und erhöhter Sicherheit und Zuverlässigkeit weiterentwickeln.
Frage: Welche Rolle spielt der Standard Matter zukünftig?
Innr beobachtet kontinuierlich alle Trends bei Standards und wir sind uns der Entwicklung von Matter bewusst und damit zufrieden. Wir glauben, dass Zigbee weiterhin eine wichtige Rolle auf dem Markt für intelligente Beleuchtung spielen wird, und wir wissen, dass Integrationen zwischen Zigbee- und Matter-Systemen in der Matter-Spezifikation vorgesehen und detailliert sind.
Tatsächlich basiert die Anwendungsebene von Matter auf der Zigbee-Cluster-Bibliothek und ist in vielen Teilen sogar vollständig identisch mit ihr. Wie ich bereits erwähnt habe, glauben wir, dass wir eine der besten ZCL-Implementierungen für Beleuchtung auf dem Markt haben, sodass wir gut positioniert sind, um in der (nahen) Zukunft sehr hochwertige Matter-Beleuchtungsprodukte zu entwickeln.
Frage: Glauben Sie, dass sich Smart Lighting mittelfristig komplett durchsetzen und herkömmliche Leuchtmittel ersetzen wird?
Ja, sicher, aus mehreren Gründen. Die Bequemlichkeit und der Komfort einer smarten Beleuchtung überzeugen bereits viele Verbraucher und es ist entwicklungsseitig noch viel mehr möglich.
Für viele Verbraucher bedeuten ihre ersten Schritte in die smarte Beleuchtung auch die ersten Schritte in eine aufgewertete Beleuchtung ihres Zuhauses und ein Zuggewinn an Komfort und Sicherheit.
Intelligente Beleuchtung ermöglicht es uns, alle Lichter nach Belieben zu dimmen und zu färben, während wir zuvor darauf beschränkt waren, Lichter ein- oder auszuschalten und vielleicht ein oder zwei konventionell zu dimmen. Der Unterschied in der Atmosphäre in einem Haushalt ist also enorm.
Fügt man Zeit als weitere Dimension hinzu sowie den Komfort, die heimische Beleuchtung zu jeder Tageszeit einfach an Bedürfnisse anpassen zu können, ist das etwas, das man nicht mehr missen möchten. Mit Blick auf den Garten kommt eine weitere Möglichkeitsform hinzu. Herkömmliche Leuchten und Steuerungsmethoden können dieses Maß an Effekten, Komfort und Bequemlichkeit nicht bieten.
Heute nicht und in Zukunft nicht.
Frage: Energieeffizienz ist derzeit in aller Munde. Wie schnell amortisieren sich die Anschaffungskosten?
Ja, Stromverbrauch ist ein gerade sehr im Fokus stehender Aspekt. Ein weiterer Grund warum sich langfristig smarte Beleuchtung durchsetzen wird ist Energieeinsparung. Zusätzlich dazu, dass LEDs vielfach energieeffizienter als ältere Beleuchtungstechnologien sind und stets effizienter werden, wird intelligente Beleuchtung dazu beitragen, den Energieverbrauch global zu senken.
Zum Beispiel durch automatisches Ausschalten des Lichts, wenn niemand in der Nähe ist. Außerdem verbraucht eine LED-Lampe, die auf 50 % der wahrgenommenen Helligkeit gedimmt wird, lediglich 25 % der Energie.
Bei 80 % wahrgenommener Helligkeit werden nur etwa 65 % Strom verbraucht.
In vielen Fällen reichen 80 % Helligkeit im Grunde genommen aus wenn wir smartes Licht auf 100 % einstellen. Clever gesteuerte Beleuchtungssysteme können dazu beitragen uns alle in die Lage zu versetzten für bestimmte Bereiche in den vier Wänden Einsparungen von 70 bis sogar 90 Prozent % zu erzielen, verglichen mit dem herkömmlichen Tagesverbrauch konventionellen Lichts beim Einsatz von Glühbirnen oder Halogen-Lampen.
Die Anschaffungskosten von smartem Licht amortisieren sich also unter Umständen bereits innerhalb weniger Monate. Das Plus an Komfort, Wohlbefinden und Sicherheit gibt es quasi zum Nulltarif gratis obendrauf.